Samstag, 30. August 2014

Der erste Besuch von Selbsthilfegruppen

Nachdem wir in der ersten Woche viel über die Projekte gelesen und erzählt bekommen haben, wird es jetzt zum ersten Mal richtig praktisch. Jetzt bekommen wir mit, wie die Arbeit von VOSARD wirklich bei den Menschen ankommt.


Zuerst einmal eine kurze Erklärung, wie es dazu gekommen ist: Auf dem Weg zu unserer Police Registration treffen wir einen Mitarbeiter von VOSARD, der das Projekt "Community Based Rehabilitation of persons with disabilities" leitet. Ziel des Projekts ist es, die Lebensqualität von geistig und körperlich behinderten Menschen zu verbessern. Dies geschieht, indem sie dabei unterstützt werden, z. B. mit Hilfe von Selbsthilfegruppen, medizinischer Unterstützung und verschiedenen Trainingsprogrammen ihren Alltag selbstständig nach den eigenen Wünschen zu gestalten.

Der Mitarbeiter erzählt uns jedenfalls, dass in den nächsten Tagen ein so genannter Exposure Visit stattfindet: Eine Gruppe Sozialarbeiter besucht VOSARD. Diese arbeiten für eine NGO, die sich ausschließlich auf die Arbeit mit geistig und körperlich behinderten Menschen spezialisiert. Zweck des Besuchs ist es, sich über die Projekte auszutauschen. Flo und ich werden eingeladen, an diesem Exposure Visit teilzunehmen. Da wir u. a. planen, einen Kurzfilm über das Community Based Rehabilitation (CBR) Projekt von VOSARD zu erstellen, nehmen wir die Einladung gerne an - mit der Hoffnung, gutes Material für den Film sammeln zu können.

In den letzten Tagen for dem Besuch der Selbsthilfegruppen sammeln wir viele Informationen über das CBR Projekt und bereiten eine grobe Struktur für den Film vor. Schließlich müssen wir wissen, welche Fragen wir stellen müssen und welche Aufnahmen wir für den Film brauchen. Diese Vorbereitung gestaltet sich nicht gerade leicht, da das CBR Projekt das größte von VOSARD und in mehrere Einzelprojekte aufgeteilt ist. Wir versuchen, durch viel Nachfragen bei den Mitarbeitern einen Überblick zu bekommen.

Am Montag, 25. August, geht es dann nach einer ziemlich kurzen Nacht (die Besuchergruppe aus Tamil Nadu ist um 3 Uhr nachts angekommen und hat uns alle aufgeweckt) los. Mit einem Minibus fahren Flo und ich zusammen mit der Gruppe zum Regional Office von VOSARD nach Kattappana, von dort aus startet der Rest des Programms für den Tag. Während der Busfahrt singt die komplette Gruppe laut. Der Leiter von dieser erklärt mir, dass sie ein Spiel spielen: Die Gruppe singt ein Lied und muss anschließend ein weiteres singen, das mit dem letzten Buchstaben des Liedes davor beginnt (usw.) Ich würde ja gerne mitsingen, aber da die allermeisten Lieder auf Malayalam gesungen werden, ist das nicht wirklich möglich.

Gegen Mitte der Busfahrt wird Flo schlecht, vermutlich wegen der vielen Kurven. Angekommen im Regional Office, muss er sich hinlegen und wird von den dort tätigen Mitarbeitern gut versorgt. Am Rest des Programmes für heute kann er leider nicht teilnehmen. Father Jose Antony, der Direktor von VOSARD, kümmert sich sogar persönlich: Er fährt mit ihm zum Arzt, um Medikamente zu holen.

Nach kurzen Präsentationen im Office geht es für mich dann los zum Besuch der ersten Selbsthilfegruppe (SHG). Heute ist es leider kein reguläres Treffen, denn es geht vor allem darum, die Aktivitäten der SHG der Besuchergruppe vorzustellen. Obwohl das Meiste auf Malayalam besprochen wird, kann ich vieles über den Aufbau und die Arbeit dieser SHG lernen. Was mich beeindruckt, ist das Selbstbewusstsein vieler Mitglieder: Eine Person ist bereits seit 11 Jahren Mitglied in der SHG und hat einen Sehfehler. Der Mann berichtet stolz von seinem Kiosk, den er eröffnet hat. Für die Zukunft plant er, zusammen mit weiteren Mitgliedern der SHG eine industrielle Produktion zu starten (was genau, habe ich leider nicht verstehen können).

Treffen mit einer Selbsthilegruppe: Der Besuchergruppe aus Tamil Nadu werden die Aktivitäten erklärt.
Neben dem Besuch einer zweiten SHG können wir uns auch noch ein Bild von verschiedenen Möglichkeiten zur Gründung von Unternehmen für die Behinderten machen: Wir besuchen das Haus eines SHG-Mitglieds. Dort hält er einige Kühe und Hühner. Er lebt von dem Erlös für Milch und Eier. Außerdem gehen wir zu einem kleinen Kleidungsgeschäft. In diesem werden die Kleidungsstücke genäht und verkauft, alles im selben Raum. Es gibt also vielerlei Möglichkeiten für die Mitglieder der Selbsthilfegruppen, ihre eigenen beruflichen Ziele zu verwirklichen.

In diesem Geschäft werden von SHG-Mitgliedern Kleidungsstücke genäht und verkauft. (Auf dem Bild zu sehen sind Mitglieder der Besuchergruppe aus Tamil Nadu.)
Neben den vielen Meetings besteht der Tag vor allem aus einem: Fahren mit dem Minibus. Die Besuchegruppe aus Tamil Nadu scheint eine unglaublich gute Laune zu haben uns singt auch während der restlichen Fahrten. Jetzt wird sogar einmal etwas auf Englisch gesungen. Ich kann also endlich mitsingen!

Nach diesen vielen Orten, die wir heute besucht haben, haben wir jetzt Unmengen an Videomaterial zum Schneiden. Insgesamt war dieser Tag sehr wertvoll für mich, da ich das Projekt nun viel besser verstehen kann als ausschließlich das Lesen von Berichten und Ansehen von Präsentationen. Trotzdem fehlen für unseren geplanten Film noch einige Informationen. Die werden wir in den nächsten Tagen durch ein Interview mit dem Leiter des CBR Projektes bekommen.

Manuel

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