Dienstag, 4. November 2014

Englisch für Anfänger

Vor einigen Wochen spricht uns der Direktor von VOSARD an, ob wir denn nicht Lust hätten, auch in einer Grundschule Englisch zu unterrichten. Da wir gerade erst angefangen haben, in der weiterführenden Schule zu unterrichten, waren wir ziemlich überrascht. Aber natürlich, Lust haben wir. Dann gibt uns der Direktor weitere Infos: In der Schule sind Kinder aus sehr armen Familien. Englischkenntnisse haben sie vor dem Besuch der Schule noch keine gehabt. Unsere Aufgabe soll es sein, den Schülern spielerisch Grundlagen im Englischen beizubringen. Um uns erst einmal einen Eindruck von den Kenntnissen der Schüler zu machen, beschließen wir, eine reguläre Stunde zu beobachten und dann unseren Unterricht vorzubereiten.

Hier kurze Infos zur St. Dominic's School, an der wir den Unterricht geben: Es handelt sich um eine Lower Primary School, die vom Orden CMI (Carmelites of Mary Immaculate) geleitet wird. Finanziell unterstützt wird sie aber auch von der Regierung Keralas, z. B. bezahlt diese die Gehälter an die Lehrer und finanziert Milch, die nachmittags an die Kinder verteilt wird. Die Familien der Kinder müssen nur einen geringen Betrag zahlen. In der Schule werden sechs Klassen unterrichtet: Im Alter von vier Jahren können die Kinder bereits den Lower Kindergarten (LKG) besuchen, im Jahr darauf den Upper Kindergarten (UKG). Auch wenn die Klassen "Kindergarten" heißen, wird schon Unterricht nach Lehrplan gemacht. An vielen Schulen - wie auch an dieser - wird auch schon Englisch unterrichtet. Im Alter von sechs Jahren beginnt die offizielle Zählung der Klassen, ab hier gilt die Schulpflicht: die Schüler kommen in die erste Klasse. Bis zum Alter von ca. neun Jahren in der vierten Klasse werden die Schüler hier unterrichtet.

Wir fahren also nach Absprache zu der Schule und suchen die Lehrer auf. Im Klassenraum werden uns zwei Stühle hingestellt. Wir setzen uns hin und gehen davon aus, dass wir uns jetzt die Unterrichtsstunde ansehen sollen. "No no, you give the class", sagt die Lehrerin plötzlich zu uns. Nach einem kurzen Schock (da wir darauf natürlich nicht vorbereitet waren), überlegen wir kurz, was wir spontan mit den Schülern machen und gleichzeitig einen Eindruck von ihren Kenntnissen bekommen können. Los geht es mit Sätzen wie "Good morning!". Diese wiederholen sie sofort richtig, sie scheinen sie also schon zu kennen. Wir haben noch das Lied "Head and shoulders, knees and toes" zum Lernen der Körperteile im Kopf. Nachdem die Schüler uns beim Vorsingen zugehört haben, singen sie es nach. Währenddessen zeigen wir auf die Körperteile. Dann wird ein Körper an die Tafel gezeichnet und mit den Namen der Körperteile (passend zum Liedtext) beschriftet. Anschließend sollen die Schüler das Tafelbild abschreiben. Das tun sie sehr motiviert und alle wollen uns möglichst schnell ihre Ergebnisse zeigen. In dem Moment haben wir etwas die Kontrolle verloren, da wir den Schülern (wegen der Sprachprobleme) nicht erklären konnten, dass wir die Ergebnisse am Ende zusammen besprechen. Alle Schüler kommen zu uns, rufen "Sir, Sir!" und wollen uns ihre Zettel zeigen. Nach diesem leichten Chaos und einer kurzen Pause spielen wir draußen noch ein paar Spiele mit den Schülern. Die funktionieren schon besser, wenn auch nicht perfekt. Am Ende des Tages klären wir mit den Lehrern ab, dass wir ab jetzt einmal pro Woche für ca. zwei Stunden Unterricht geben und uns aufteilen: Florian übernimmt die Schüler des LKG, ich die des UKG.

In den folgenden Wochen führen wir den Unterricht fort. Jetzt sind wir auch besser vorbereitet und widmen jeden Tag einem Oberthema, wobei wir zwischendurch auch alte Themen wiederholen und zur Abwechslung Spiele spielen. Es fällt uns immer noch nicht leicht, mit den Schülern zu kommunizieren und ihnen die Aufgabenstellungen verständlich zu machen, aber es klappt von Woche zur Woche besser. Hier ein Beispiel für eine Unterrichtsstunde zum Thema "Animals":

Nach einem kurzen "Good morning"-Song schreibt ein Schüler das heutige Datum an die Tafel. Anschließend zeige ich den Kindern Bilder von den einzelnen Tieren, unter denen der Name steht. Ich lese den Namen laut vor und lasse ihn die Schüler mehrmals wiederholen. Das mache ich mit einigen Tieren und anschließend schreiben die Schüler die Namen selbst. Zum Üben gibt es dann ein Arbeitsblatt: Hier müssen die Kinder die Namen selbst zu den Tierbildern zuordnen. Bei einigen Tieren klappt das recht gut, bei anderen gibt es Schwierigkeiten. Das kann aber auch daran liegen, dass einige Tiere hier weniger bekannt sind.

Unterrichtsvorbereitung; Anhand dieser Bilder können die UKG-Schüler Tiernamen lernen. 
Zum Ende hin spiele ich noch ein Spiel mit den Kindern: Alle setzen sich in einen Kreis und jedes Kind bekommt einen Tiernamen zugeordnet. Wenn ich einen Tiernamen sage, müssen alle Kinder, die diesen Tiernamen haben, aufstehen und sich einen neuen Stuhl suchen. In jeder Runde wird ein Stuhl weggenommen, sodass pro Runde ein Schüler keinen Stuhl bekommt und es am Ende einen Sieger gibt. Das Spiel kommt bei den Schülern gut an und diente einerseits als Abwechslung, andererseits zur Wiederholung der Tiernamen.

Die UKG-Schüler der St. Dominic's Schule spielen ein Spiel, bei dem sie nebenbei Tiernamen lernen.
In der nächsten Stunde hat sich bei der Wiederholung gezeigt, dass die Kinder sich viele Namen wirklich gemerkt haben. Die Stunden scheinen also - auch wenn es nicht perfekt läuft - den Kindern wirklich zu helfen, ihre Englischkenntnisse etwas zu verbessern. Aber auch wir können von dem Unterrichten vieles mitnehmen: Was mich beeindruckt, ist die große Motivation zum Lernen, die bereits die LKG- und UKG-Schüler an den Tag bringen. Lernen können wir durch die Stunden, auf möglichst einfachen Wegen zu kommunizieren. Wir können also unsere Methoden weiterentwickeln, damit die Schüler z. B. unsere Aufgabenstellungen besser verstehen können. Wir haben bereits Ideen. Z. B. können wir Symbolkarten für Arbeitsanweisungen wie "Sit down", "Raise your hands" oder "Write it down" erstellen. In den nächsten Wochen werden wir es ausprobieren. Ich bin gespannt, wie gut es funktioniert.

Manuel

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