Mittwoch, 24. September 2014

Unsere erste Woche in der St. Thomas School

Nach den Onamferien ist es endlich so weit: Der Schulunterricht in Keralas Schulen startet wieder und Flo und ich bekommen die Möglichkeit, den Schulalltag in Kumily kennenzulernen. Ich selbst habe mich sehr auf das Unterrichten gefreut. Alleine schon, da es eine gute Abwechslung zu der Dokumentationsarbeit bei VOSARD ist. Aber natürlich können wir durch das Unterrichten auch viel über das Bildungssystem in Kerala lernen.

Nachdem wir bereits in den ersten Tagen bei VOSARD unser Interesse am Unterrichten geäußert haben, haben sich die Mitarbeiter sehr bemüht, um für uns eine Möglichkeit zum Unterrichten zu finden. Ende letzter Woche gingen wir dann mit einem der Mitarbeiter zur St. Thomas English Medium Higher Secondary School. In dieser Schule werden Schüler von der ersten bis zur zwölften Klasse unterrichtet. Unterrichtssprache ist Englisch. Wir waren sehr überrascht, wie einfach und unkompliziert es uns ermöglicht wurde, die ersten Stunden zu gestalten. Wir vereinbarten, in dieser Woche erst einmal Vertretungsstunden zu übernehmen. So können wir uns überlegen, wie viele Stunden wir pro Woche unterrichten möchten – ohne, dass die Arbeit für VOSARD zu stark darunter leidet.
Das Hauptgebäude der St. Thomas School
Jetzt geht es los: Dienstag, 9.15 Uhr. Wir betreten das Schulgelände und sehen eine Riesenmenge an Schülern auf den Schulhof laufen. Grund dafür ist eine Assembly, die mehrmals pro Woche stattfindet. Die Schüler stellen sich – nach Geschlechtern und Klassen getrennt – in Reihen auf. Nachdem der Schulleiter uns der Schulgemeinde vorgestellt hat, bekommen wir einen großen Applaus von allen 1.700 Schülern. Das hat uns beide ziemlich beeindruckt, zumal wir die Schüler vorher überhaupt nicht kannten.


Nach gemeinsamem Gebet und einigen Ansprachen von Schülern und Lehrern – alles auf Englisch – beginnt der Unterricht. Florian und ich haben uns dazu entschieden, Spoken English zu unterrichten. Wir versuchen also, den Schülern möglichst viele Möglichkeiten zum Kommunizieren zu bieten. Meine erste Unterrichtsstunde für heute habe ich bei der Klasse 8a. Ich komme in den Klassenraum und werde direkt von allen Schülern freudig begrüßt. Nach einer kurzen Beschreibung von mir sollen sich auch die Schüler selbst vorstellen. Dies klappt recht gut, obwohl einige Schüler doch recht leise sprechen und ich sie deshalb nur schwierig verstehen kann. Nach einigen Aufforderungen trauen sich aber auch die schüchternen Schüler, lauter zu sprechen. Dann fange ich mit dem eigentlichen Unterricht an. Heute geht es um Zeitungsartikel, speziell um einen Artikel über das Müllproblem in Kochi, der größten Stadt in Kerala. Nachdem wir uns übe die verschiedenen Arten von Zeitungs-artikeln unterhalten haben, teile ich den Schülern den Artikel über die Müllproblematik aus. Diesen lesen sie und fassen ihn anhand von vorgegebenen Fragen zusammen. Sie verstehen den Artikel besser und schneller als ich es erwartet habe. Nur mit dem freien Formulieren von Antworten klappt es noch nicht so gut – vieles wird wörtlich aus dem Text abgelesen.
Im Klassenraum: Mädchen und Jungen werden zusammen unterrichtet, sitzen aber auf getrennten Seiten.
Nach der Zusammenfassung kommt der interessanteste Teil der Stunde: Die Schüler sollen Stellung zu einer die Müllproblematik betreffenden Entscheidung der Regierung (nicht vorsortierter Müll soll ab dem 2. Oktober nicht mehr abgeholt werden) beziehen. Dazu teile ich sie in zwei Gruppen ein, die jeweils Argumente zu einer Position heraussuchen sollen. Auch das klappt gut – auch, wenn für die abschließende Diskussion nur noch wenige Minuten Zeit bleiben. Insgesamt verläuft die Arbeit in der Schule in den letzten Tagen recht stressig. Oft gibt es keine Pausen zwischen den Stunden und wir müssen fast durch die Schule rennen, um einiger Maßen pünktlich bei der nächsten Klasse anzukommen. 

Nach einigen Stunden Unterricht können wir in der Schule auch zu Mittag essen. Für uns und den Manager der Schule wird Reis mit vielen frischen Currys und anderen Beilagen gekocht. Sehr lecker! Auch nach bzw. zwischen den Unterrichtsstunden fällt mir auf, dass die Schüler den Lehrern (und auch uns) sehr viel Respekt zollen: Z. B. in den Pausen werden wir von fast allen an uns vorbeilaufenden Schülern gegrüßt und mit "Sir"angesprochen. Nach dem ersten Tag in der Schule bin ich ziemlich müde, aber trotzdem sehr zufrieden mit den Erlebnissen.

In den letzten Tagen haben wir schon einige Unterrichtsmethoden und Themen ausprobiert. Ich freue mich darauf, mit den Schülern in den kommenden Wochen und Monaten über viele weitere spannende Themen diskutieren zu können. Ab der nächsten Woche werden wir dann fest in den Stundenplan der Schule eingeteilt. An vermutlich zwei Tagen pro Woche werden wir einige Stunden Spoken English unterrichten. Mit der Zeit werden wir hoffentlich ein gutes Gefühl dafür bekommen, mit welchen Methoden und Themen wir den Schülern am besten helfen können, ihre Englisch-kenntnisse zu verbessern.
Manuel

2 Kommentare:

  1. Nicht schlecht meine Herren

    Gruß Jürgen

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  2. Das klingt super! Ich drücke die Daumen, dass euer Plan so aufgeht und ihr noch viele interessante Stunden mit den Kindern habt!

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