Samstag, 24. Januar 2015

Mein Urlaubs-Highlight: Hampi - Schönheit als Sinnlichkeit

We're back! Seit Mittwoch sind wir wieder im Arbeitsfieber des VOSARD-Offices. An diesem sonnigen Dokumentations-Samstag haben wir nun endlich Zeit, diesen funtastischen Urlaub Revue passieren zu lassen. Ich präsentiere - mein Urlaubs-Highlight: Hampi.

Ein paar Tage bevor wir in Hampi ankamen, hatte ich das prägende Buch "Siddhartha" gelesen, in der ein junger Mann seine Familie und Heimat verlässt, um "den Sinn des Lebens" zu erforschen. Aus den guten Verhältnissen zuhause begibt er sich zunächst in den Wald, um mit gleichgesinnten Askese zu üben - er verzichtet auf alles. Im Buch nennt Siddhartha dies "Selbsttötung" - er "befreit" sich von allem, was ihn ablenken könnte "zu sein". Damit meint er: Ausschließlich das "sein" in sich zu fühlen.

Nach einiger Zeit erkennt er, dass dieser Weg nicht der seine ist und macht sich auf in die Stadt, wo er von einem Händler mit Geld umzugehen erlernt.

Doch auch der Reichtum sowie die daraus resultierenden Möglichkeit, viele seiner Wünsche erfüllen und vor allem bezahlen zu können, vermögen ihn nicht zu befriedigen.

An diesem Punkt, ehe das Buch sich seinem Höhepunkt nähert, scheint seine Forschungsreise fehlgeschlagen zu sein.

Worin besteht der Sinn des Lebens? Wer legt ihn fest? Wer schuf uns, warum "und" oder "oder" wozu?  Oder sind wir nichts als "Launen der Natur"? Wenn - dann gab sie uns scheinbar nichts als unser Leben, die Umwelt und ihre Gesetze. 

Was gab mir die Natur?

"Gesetze" ... Ein Wort, welches man oft mit "Grenzen" verbindet. Wie die physikalischen "Grenzen" - die verhindern, dass ich in ferne Galaxien reise. Oder die biologischen - die verhindern, dass mir Flügel wachsen und ich in der Welt herumfliegen - oder das Ende meines Seins selbst bestimmen - kann.

Was gab mir diese grausame Natur?

Die Tragik der "Sinnlosigkeit", die mit dem Erreichen der Begrenzungen der "Natur" und ihrer Gesetze ein herzugehen scheint, suggeriert, es stecke ein "böser Geist" hinter dem etwas, welches uns in dieses - dramatisch ausgedrückt - Gefängnis eines Seins steckte, um uns einst wieder zu holen.

Was gab mir die Natur?

Einen Körper. Definiert. Erklärbar. Begrenzt.

Den Geist ... er scheint unbegrenzt. Mit Sinnen, die fühlen, schmecken und sehen, kann ich so fern reisen wie ich will. So befähigt mich der Geist durch ein Teleskop zu blicken. Meine Umwelt an den Grenzen ihrer Gesetze zu formen, um in ein Flugzeug zu steigen um "es" in mich aufzusaugen - das Wissen. Wäre der Geist eine unbegrenzt große Lagerhalle, häufte ich das Wissen wie Kartons zu Cheopspyramiden. Information befriedet die Sinne. Denn der Geist ist neugierig.

Der Geist ist auch hungrig. Is(s)t satt. Verliebt und gebrochen. Erfreut und enttäuscht.




Auf der Reise des Suchens nach dem Sinn des Lebens halte ich an diesem Punkt inne. Ich setze mich ans Ufer des Thungabhadra in Hampi. Auf einer dieser Steintreppen, welche - von der Mittagssonne gewärmt - das Flusstal in Einklang flankieren. Ich schließe die Augen und atme tief ein. Ich will die Reise zunächst nicht fortsetzen. Will die Schönheit des Ortes wahrnehmen; die Geschichten der Menschen erschließen.


Hampi ist nicht nur ein schöner, sondern auch ein äußerst bedeutender Ort: Die Hauptstadt des Vijayanagara-Reiches (1343 bis 1565) wurde 1986 UNESCO-Weltkulturerbe. Der Fluss, die Hügel sowie 7 hohe Mauern boten der Stadt (lange Zeit) Schutz. An der Schwelle zwischen Norden und Süden musste die Stadt mehrmals Invasoren Widerstand leisten, welche es auf seinen schier un-ermesslichen Reichtum abgesehen hatten, den Hampi in seiner relativ kurzen Blütezeit durch den Handel mit Edelmetallen und nahen Granit-vorkommen erwarb. Marmorstein und Eisen bricht, und so auch Hampi im Jahre 1564. Eine kurze Blütezeit, doch was für eine! Ein Gebiet von etwa 80 km², besiedelt von bis zu 500.000 Menschen. Von der Bevölkerungsdichte her könnte es mit den heutigen Metropolen Indiens mithalten. Nicht umsonst wird Hampi auch das "Rom Südindiens" genannt. (but to be fair - Rom hatte um die 1 mio. Einwohner)

Im Gegensatz zu Rom ist Hampi heute fast gar nicht mehr besiedelt (nur circa 2000 Einwohner). Es entsteht der Eindruck, es gebe mehr Hotels, Homestays und Restaurants als Wohnhäuser. Die am häufigsten angetretene "Gebäudeart" ist aber sicher die der Tempel. (hier ein Panorama eines Teils von Hampi - es ist noch größer)


In dieser Stadt fällt es nicht schwer, Schönheit zu finden. Die Tempel erzählen mit ihrem Mehrstufigem Aufbau, auf denen Skulpturen stehen ganze Geschichten. Alles hat seinen Platz und Bedeutung. So auch die Ausrichtung der meisten Tempel: Gen Osten. Welch ein Phänomen es ge-wesen sein muss, wenn die Sonne über die nahen Hügel steigt, das Licht in die sonst so dunklen Gemäuer eintritt.

Wie die Geburt eines Gottes? Als wir dort an einer Tempelführung teilnahmen wurde uns erzählt, dass Hampi laut Hindu Mythologie der Geburtsort einer Vishnu-Reinkarnation sei. In meinen (zugegebenermaßen zeitlich eingeschränkten) Recherchen konnte ich davon jedoch nichts erfahren.

Hampi erlebt seit den 90er Jahren einen zunehmend wachsenden Tourismus. Wir haben dort viele sehr offene und freundliche Menschen und kennen gelernt. Es gab aber auch eine "Gruppierung", welche ich "besonders erwähnenswert" finde:

Die folgenden Sätze spiegeln allein meine Meinung wieder und beruhen auf nur zwei Tagen der Beobachtung und Gespräche.

In Hampi gibt es Wannabe-Hippies (Möchtegern-Hippies).

Diese versuchen, hier muss ich etwas ausfahrend, fast spöttisch, werden, die Hippie-Bewegung der 60er zu imitieren, schaffen das - wenn überhaupt - (in begrenztem Maße) nur in Sachen Haarpracht (Dreadlocks sind eigentlich eher 90er), Kleidung und Drogenkonsum. Die ursprüngliche Mentalität der Sanftheit, Naturliebe und Lebensfreude wird hier von den NeoHippies (so nenn ich sie jetzt mal) umgekehrt in ein "hauptsache cool-sein", "anders denken (im negative Sinne)", "unemotional/un-beeindruckt".

Mir wurde von einer Gruppe NeoHippies erzählt, welche einem Bettler mit dem "winken eines großen Geldscheines" und der Frage "do you have change? (Können sie wechseln?)" begegneten.

Ohne Worte.

Man kommt überall mit den Menschen ins Gespräch, es gibt - zumindest auf einer Flussseite - auch ein bisschen Nachtleben mit (Public-viewing) Filmen wie "The Big Lebowski" oder aber anderweitig kulturellem wie so genannte "Open-Mic-"Abende, auf denen jeder der mag auf die Bühne gehen kann um gemeinsam zu musizieren.

Was es wohl vor 500 Jahren an Musikstilen gab? Im großen Königspalast, dessen Grundmauern sehr gut erhalten sind, dürfte es damals aber mal so richtig eine Gaudi gegeben haben.


Das Areal, welches sie über mehrere Hektar erstreckt, hat mich äußerst beeindruckt. Man muss es selbst einmal gesehen haben. Ja - Für mich ist Hampi ein Muss für jeden Indienfahrer. Allein schon wegen dieser Landschaft mit ihren gewaltigen Steinformationen:



Die Zeit rennt.
Ein Bus wartet.
Es waren nur zwei Tage!
Hier wäre ich gerne länger geblieben.
Doch es geht weiter.



Ich atme erneut tief ein und schließe meine Augen. Es war schön. Ich nehme mir vor, diese "Wahrnehmung der Schönheit als Sinnlichkeit" zu behalten. In allen Dingen das Schöne zu erkennen und zu erforschen. Mit dem Bus in Indien, wie in meinem Tiefsten Inneren, geht die Reise, die Suche, jedoch weiter, da ich weiß - Schönheit und Gefühle sind vergänglich - Da der Geist mit seiner Hülle einst verstirbt.

Flo

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